Der Citroën CX und seine Zeit.
Bis heute ist für viele Fans und Freunde des CX klar, dass es sich bei diesem Modell um den letzten großen „echten“ Citroën handelt, allein deswegen schon, weil es als letztes Fahrzeug unter der Regie der Marke Citroën (eigenständig als Unternehmen und nicht als Teil des PSA-Konzerns) entwickelt wurde. Allerdings gibt es zu diesem Thema mehrere Standpunkte, erst mit dem Verschwinden der hydropneumatischen Federung aus dem aktuellen Angebot dürfte ein kleinster gemeinsamer Nenner dazu gefunden worden sein.
Die späten 60er und frühen 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts waren geprägt von der Freude an modernster Technik, Raumfahrt und Fortschritt. Die Mondlandung, die Concorde, alles das waren Dinge, die die Menschen begeisterten. In diesem Umfeld wurde der CX entwickelt und diese Einflüsse spiegelten sich auch im CX wider, der sich durch futuristisches Design, sowohl außen als auch innen von bisher Bekanntem abhob….
Komfort, Sicherheit und höchste Funktionalität waren die Attribute, die man dem CX mit auf den Weg gegeben hatte. Wobei die Lösungen in Bezug auf Funktionalität zum Teil recht eigenwillig bzw. „neu gedacht“ waren und durchaus nicht unumstritten. In seiner 17 Jahre währenden Bauzeit wurde der CX zahlreichen kleinen Veränderungen unterzogen. Vieles wurde verbessert, um Komfort und Leistung zu steigern und den Verbrauch zu mindern, denn der CX war auch ein Kind der Ölkrise.
Es gab den CX zunächst als Berline (kurzes Limousinenmodell), dann folgten Break (Kombi) und die Limousinen-Langversion Prestige, die bis heute einen unerreichten Komfort der Insassen auf der Rückbank bietet. Platz war nie ein Thema im letzten großen Citroën. Ob man ihn als Lastesel brauchte oder der französische Präsident gebührend chauffiert wurde…
Sein Name leitet sich von der französischen Bezeichnung für den cw-Wert (Luftwiderstandsbeiwert) ab, ein durchaus logischer Name, da beim CX der Windkanal eine große Rolle bei der Entwicklung gespielt hat, vielleicht mehr als bei einem anderen Auto zuvor. Die durchaus etwas undankbare Aufgabe, einen Nachfolger für die Stilikone DS in Formen zu fassen, übernahm federführend der geniale französische Designer Robert Opron. Er war bei Citroën bereits in der Mittelklasse mit dem GS und dem spektakulären Sportcoupé SM herausragend in Erscheinung getreten.
Es ist allgemeiner Konsens, dass er diese Aufgabe meisterhaft gelöst hat. Das zunächst schlichte und klare Design begeistert umso mehr, je länger man sich damit befasst. Zum Modelljahr 1986 zeigte man bei Citroën, wieviel Potential in seiner eigentlich schon „alten“ Design-Idee steckte (Opron hatte die Firma inzwischen verlassen, weil er sich durch Peugeot beschränkt fühlte). Die Modellpflege brachte dem CX neue Kunststoffstoßfänger und ein überarbeitetes Innenraum-Design. Dazu musste die Grundlinie des Wagens außen und innen nur behutsam angepasst werden. Der CX machte den Schritt in die Zukunft problemlos mit und wirkte keinesfalls unmodern oder altmodisch. Im Gegenteil: Das Facelift, wie man es heute nennen würde, zeigte abermals das gesamte Potential eines Autos, wie es wohl kaum mehr eins geben kann. Futuristisch mutete der neue Innenraum an und auch aussen war man „up-to date“ und auf der Höhe der Zeit und bis heute wirkt der CX nicht unmodern…
Und obwohl dem CX eine heute kaum mehr anzutreffende Produktionszeit von 17 Jahren beschieden war, sind viele Fans der Meinung, dass er alle Anlagen dazu mitbrachte, ein ähnliches „unsterbliches“ Leben wie der zeitgleich auf dem Pariser Salon vorgestellte VW Golf zu führen. Entsprechenden Willen vorausgesetzt. Das bisher letzte Oberklassemodell von Citroën, der C6, wird nicht zuletzt deshalb als „echter“ Citroën wahrgenommen, weil er sich auf den CX bezieht. Und nicht, wie vom Citroën-Marketing herbei phantasiert, auf die D-Modelle.
1975 jedenfalls wurde der CX ziemlich eindeutig zum „Auto des Jahres“ gewählt. Der ebenfalls im Rennen befindliche VW Golf hatte keine Chance. Er stellte ja auch lediglich für VW eine Revolution dar und offenbarte eher die bisherige Rückständigkeit des Konzerns. Jahrzehnte später wurde ihm die Ehre dann doch noch einmal verliehen, vielleicht auch als eine Art „Oscar fürs Lebenswerk“, denn ein Dauerbrenner auf dem Markt ist er ja trotzdem geworden.
Auch technisch hat der CX Meilensteine hinterlassen. Zwar wurde ihm seine Pole-Position in Sachen Winschlüpfrigkeit bald genommen, denn auch die Konkurrenz machte jetzt ihre Hausaufgaben. Antriebstechnisch mischte er aber immer ganz vorne mit. Im CX wurden die ersten Dieselmotoren in PKW-Großserie bei Citroën angeboten. Diese setzten sowohl in Sachen Verbrauch als auch Performance Maßstäbe und z.B. Mercedes-Benz gehörig unter Druck. Sie markierten den Beginn der jahrelangen Dominanz französischer Dieselmotortechnologie speziell des PSA-Konzerns, die auch in deutschen Produkten zum Einsatz kam, schlicht deshalb, weil man zeitgerecht nichts Vergleichbares entgegen zu setzen hatte.
1977 erschien der CX GTi, der über eine moderne Einspritzanlage in Kombination mit einem 2,4l Motor und einem neu entwickelten Fünf-Gang-Schaltgetriebe verfügte. Das Fahrzeug war zu seiner Zeit hochmodern und bis heute sind Ur-GTi bei CX-Kennern gesuchte Fahrzeuge. Dies gilt in besonderem Maß, wenn sie über das zweifarbige Leder (schwarz/beige) der ersten Modelle verfügen. Eine gelungene, wie seltene Kombination…
Im Jahr 1984 wurde nach einer zwischenzeitlich erfolgten Hubraumerweiterung von 2,4 auf 2,5 Liter eine neue Evolutionsstufe vorgestellt: Der CX GTi 25IE Turbo – ein Benzinmotor mit 2,5l Hubraum und 168PS katapultierten den CX nun zum Nimbus, eine der schnellsten Serien-Limousinen seiner Zeit zu sein. Fahrwerte wurden erreicht, die man damals nur von ausgewachsenen Sportwagen kannte – das Ganze kombiniert mit dem einzigartigen hydropneumatischen Fahrwerk, welches Fahrsicherheit und Reisekomfort wie kein anderes Fahrwerk kombinieren konnte.
Ironie der Geschichte dabei ist, dass alle diese Benzinmotoren noch auf schon in den D-Modellen verwendete Grundkonstruktionen basieren. Den in der Planungsphase angedachten Wankelmotor als Antriebsaggregat fegte die Ölkrise fort – die Verbrauchswerte waren nicht in den Griff zu kriegen. Zu einem standesgemäßen Sechszylinder-Motor konnte sich Citroën nie durchringen, zum Bedauern nicht weniger CX-Fans. Den erhielt erst der Nachfolger XM. Die 1979 lancierten neuen 2-Liter-Motoren waren eine Gemeinschaftsentwicklung mit Renault. Trotz objektiv guter Gesamteigenschaften leidet diese Maschine heute etwas unter mangelnder Akzeptanz bei einigen CX-Fans.
Das Qualitätsniveau der Autoherstellung in den 70er Jahren ist rückblickend legendär schlecht was Verarbeitung und Rostvorsorge angeht. Da macht Citroën keine Ausnahme und auch der CX hatte darunter zu leiden. Ein deutsches „Montagsmodell“ wurde vom ADAC mit der „Silbernen Zitrone“ ausgezeichnet, wie überhaupt ein Teil der deutschen Motorpresse nach Kräften gegen ihn anschrieb. Ein ideales Feld für Verschwörungstheorien durchaus, aber mit seinem Gesamtauftritt stellte der CX seinerzeit eben Andere in den Schatten. Mit ihm gelang Citroën das Kunsstück, innerhalb einer Baureihe sowohl Leistungs- wie auch Verbrauchs-Bestmarken zu setzen.
Damals wie heute gelingt es dem großen Gleiter, Viele in seinen Bann zu ziehen und zu faszinieren. Es mag Alternativen zum CX geben, aber sie sind im Ganzen gesehen nicht vergleichbar, auch wenn sie ebenfalls unter dem Doppelwinkel unterwegs sind. Darin sind sich die CX-Fahrer einig.
Quellennachweis Artikelbilder: Citroën Communication Presse
Vor- und Mitläufer
So gut gelungen, progressiv und zeitlos gleichermaßen das Design des Citroën CX ist, so muss man auch zur Kenntnis nehmen, dass es 1967, also sieben Jahre vor seiner Präsentation, die Vorstellung eines Prototypen gab, den niemand Geringerer als Pininfarina für die englische BMC auf die Räder stellte. Rückblickend war dieser Prototyp eine wegweisende Initialzündung für den europäischen Automarkt in Sachen Design und Formgebung.
BMC traute sich seinerzeit nicht sofort, diesen aufgezeigten Weg zu gehen. Citroën jedoch ließ sich inspirieren (vielleicht auch nur bestätigen im eigenen Kurs), folgte ihm konsequent und baute ihn aus. Aerodynamik wurde ein bestimmendes Thema innerhalb des Entwicklungsteams. Der 1974 präsentierte CX kann eine Ähnlichkeit zu diesem Prototypen nicht leugnen.
Weitere Hersteller folgten dem Trend: Aus England kam dann doch noch der Rover SD1, Lancia lancierte den Gamma, um nur die prominentesten Beispiele zu nennen. Selbst der viel später präsentierte Ford Scorpio mit „Aeroheck“ ist ein entferntes Kind von Pininfarinas Prototyp. Wegbereiter der heute wieder mal populären Oberklassenlimousine mit Fließheck jedoch war mit über einer Million verkauften Exemplaren der Citroën CX.
Quellennachweis Artikelbilder: BMC, Wikipedia, Citroen Communication Presse