Zum Tode von Götz George erschien in der Clubzeitschrift DIRAVI 3-2016 der folgende Nachruf:
Adieu Schimanski…
Am 19. Juni 2016 ist der großartige Schauspieler Götz George im Alter von 77 Jahren gestorben und mit ihm unser virtuelles Club-Ehrenmitglied Horst Schimanski.
Sein Bekanntheitsgrad unter deutschen CX-Fahrern dürfte gegen 100% gehen, der Beliebtheitsgrad ist sicher ähnlich hoch. Zumindest wer in den Achzigern bewusst Anteil nahm am Aufstieg und den vielen Fällen des Duisburger Tatort-Kommissars, wird die Nachricht mit großer Betroffenheit aufgenommen haben.
Sie kam erst an die Öffentlichkeit, als „alles schon vorbei war“ – Beerdigung im kleinen privaten Kreis ohne Paparazzi. So kennt man George und man darf vermuten, Schimanski hätte das gefallen. Auch die Schauspielerin Denise Virieux, die 20 Jahre lang die Freundin spielte, wusste nicht, dass ihr Kollege schwer erkrankt war, wie sie in einem Rundfunk-Interview erzählte.
George hat als „Schmuddel-Kommissar“ viel für die Bekanntheit des CX bewirkt, das ist noch heute auf Oldtimer-Messen zu erleben. Richtig ist, dass er auch privat Doppelwinkel-Fahrer war. Im Film ist er untrennbar mit dem CX verbunden, obwohl Schimanski auch einige andere Fahrzeuge „misshandelte“. Erst 1985, immerhin vier Jahre nach dem Premierentatort „Duisburg Ruhrort“, als er im südfranzösischen Marseille ermittelte, hatte das Duo Schimanski – CX Premiere. Es handelte sich dabei um einen Mietwagen, Schimanski sagte: „Oh Mann, vom Feinsten!“ und der Kult war geboren.
Erst ab 1988 gab es den regulären Dienstwagen-CX zur Dauernutzung. Und der Erste war auch keineswegs silber, wie die Erinnerung angesichts späterer Fahrzeuge suggerieren könnte, sondern weinrot. Sein spektakuläres Ende drei Fälle später mittels einer Handgranate einer arabischen Terrorgruppe kommentierte Schimanski seinerzeit fassungslos: „Was haben die gegen mein Auto?“ und Kollege Thanner: „Wie im Libanon.“
1990 antwortete Schimanski auf die Frage, warum er sich mit so einer Schüssel zufrieden gebe: „Mir gefällt die Schüssel“ und das blieb bis zuletzt in den nach Beendigung der Tatort-Folgen abgedrehten Schimanski-Filmen so.
Der CX wurde zu seinem Markenzeichen wie der Parka, von denen aber im Laufe der Jahre wohl noch mehr verschlissen wurden.
Schimanski alterte in Würde zusammen mit dem Schauspieler George und hielt sich wacker, wie seine Autos. Jetzt ist er tot, aber er lebt in unserer Erinnerung weiter, bei jeder Fahrt mit dem CX. Auch wenn sie natürlich „sehr traurig“ sei, so Denise Virieux, eines würde Götz George „gar nicht mögen: Sentimentalität. Schimanski lebt weiter.“ Wir können uns vorstellen, dass er nun im Himmel mit seinem viel zu früh verstorbenen Kollegen Thanner wieder unterwegs ist.
Mensch Horst – mach kein Scheiß dort oben!
Quellennachweis Artiklbild: Pressestelle wdr für den CX-Club
Passend dazu das Geständnis von Jens Bandemer, welches in unserer Clubzeitschrift DIRAVI 2-2008 veröffentlicht wurde:
Ja, ich bin Schimanski-Fan!
Ich habe inzwischen nachgelesen, dass es der 28.06.1981 gewesen sein muss, an dem ich meinen ersten „Schimanski“ schaute. Dies war nämlich der Tag der Erstaustrahlung des „Tatorts“ Duisburg-Ruhrort. Ich war 11 Jahre, meine Eltern hatten keinen Fernseher und ich schaute deshalb immer bei meinen im selben Haus wohnenden Großeltern. Mein Großvater (Jahrgang 1903) war allerdings -vorsichtig ausgedrückt- wenig begeistert vom ersten Tatort mit dem Nachfolger des legendären Kommissar Haferkamp (dargestellt durch den bereits verstorbenen Hansjörg Felmy) und sollte es Zeit seines Lebens bleiben. Schimanski war nicht mehr seine Welt und Schimanski wurde nie sein Freund. Ein Generationswechsel – ein Generations-problem, wobei es doch eigentlich auch unübersehbare Ähnlichkeiten in den Gewohnheiten der beiden Kommissare gab. „Ich kann Ihnen nicht viel anbieten, ich hab nur Korn im Haus“ (Haferkamp) „Grundregel 1: trinke regelmäßig – aber niemals
aus Kummer!“ (Schimanski).
Jawohl, ich bin Schimanski Fan!
Oder sagen wir lieber korrekter, ich bin ein Fan der „Tatorte“ mit Götz George als Horst Schimanski UND Eberhard Feik als Christian Thanner. Irgendwie kommt der leider viel zu früh (1994) verstorbene Eberhard Feik immer ein wenig zu kurz, wenn von „Schimanski“ die Rede ist. Wie wunderbar dieser Schauspieler die Rolle des (über)korrekten, etwas spießigen, immer ordentlich gekleideten und frisierten Christian Thanner als Gegenpol zum ungehobelten Raubein Horst Schimanski verkörperte, merkt man besonders, wenn man sich einen der „alten“ Schimanskis (1981-1991) anschaut und dann einen der neuen ohne Eberhard Feik. Klar, auch die neuen „Schimanskis“ sind immer noch ein Highlight im deutschen Fernsehen, aber ohne Thanner fehlt einfach das gewisse Etwas.
So gegensätzliche Charaktere wie Schimanski und Thanner mussten natürlich auch ganz unterschiedliche Autos fahren. Schimanski begann irgendwann Citroën CX zu fahren und prügelte unzählige, bemittleidenswerte CX GTi Turbo durch den Pott. Die CXe waren stets noch ungepflegter als sein Fahrer und wurden im Laufe der meisten Folgen auch ähnlich verbeult wie Schimanski selbst – dazu hatten sie deutliche Parallelen in den Trinkgewohnheiten…
Was fuhr eigentlich Thanner ab Mitte der 80er (meistens)? Natürlich: Ford Scorpio.
„Hoooorst. Der Wagen ist ganz neu. Jetzt sieh Dir an, was Du mit den Polstern gemacht hast. Das zahlst Du!“ (Natürlich zahlte er nicht……)
Ford Scorpio also – ein größerer Gegensatz zum Citroen CX ist bis heute wohl nicht denkbar. Und genau so reifte meine Idee.
Seit 1993, da waren Schimanski & Thanner schon das erste Mal im „Ruhestand“, fahre ich (meinen jetzt insgesamt fünften) CX. Jetzt nahte wieder mal das Ende einer CX-Saison und es musste wieder ein Winterauto her. Wäre doch reizvoll, mal genau diesen größtmöglichen Gegenpol zu fahren. Und so begann ich, auf einer weltbekannten Auktionsplattform einen Ford Scorpio zu suchen. In Köln wurde ich nach einiger Zeit fündig. Ein Scorpio 2.0i GL, anthrazitfarben, EZ ’89, Garagenwagen, 2 Vorbesitzer, 120.000 km gelaufen, Auspuffanlage komplett neu in 12/06 für über 300 Euro, fast neue Winterreifen, G-KAT, TÜV noch bis Oktober 2008. Zuschlag bei 351 Euro. Soweit das positive. Als Mängel waren in der Auktion vermerkt: Drehzahlmesser defekt, Tankanzeige mit Wackelkontakt, Riss Stoßstange hinten, winziges Loch im Unterboden, Schweller links Rost, „klackerndes“ Geräusch im Motorraum – laut Werkstatt „fehlendes Gummi am Lüfter“.
Alles klar: Abholtermin ausgemacht, Kurzkennzeichen, Deckungskarte und Zugfahrkarte geholt und ab ging es nach Köln. Alles klappte, die Bahn war pünktlich (hätte mich das schon stutzig machen sollen…?) der Verkäufer auch.
Da stand das gute Stück irgendwo mitten in Köln. Auf den ersten Blick fiel mir auf, dass der Scorpio nicht so gut aussah wie auf den Bildern, eine große Beule im Kofferraumdeckel hatte und einen Unfallschaden vorne links unter dem Scheinwerfer. Der Schweller links hatte allerdings Rost – er war nämlich komplett durch. Zusätzlich waren beide Radläufe hinten komplett „zerfressen“. Nun ja, egal, soll ja nur für den Winter sein, 1 Jahr TÜV, mit ein bißchen Kosmetik würde er wieder gut darstehen. Der Innenraum war dafür weit besser als erwartet. Dicke Velourspolster, sauberer Dachhimmel, die Rückbank wie neu (ob da jemals einer drauf saß?). 5 Gänge, Servolenkung, Zentralverriegelung, Außenspiegel elektrisch links und rechts, elektrische Fensterheber vorne, original Ford-Schiebedach, „orthopädischer“ Fahrersitz, Kopfstützen auch hinten, Mittelarmlehne vorne und hinten, Original Ford Radio mit Scheibenantenne, 80er Jahre Armaturen mit Kontrollmonitor für offene Türen, Hauben und (funktionierender!) Anzeige für defekte Bremsleuchten und Lichter. Mein persönliches Innenraumhighlight: „Ford-Multifunktionsanzeige“ unter dem Innenspiegel – von der Optik her wie ein (großer!) zeitgenössischer Taschenrechner mit herrlich altmodisch grün flimmernden Ziffern. Zuständig für die Darstellung von Uhrzeit, Datum, Außentemperatur – und Stoppuhr(!) die natürlich gerade bei einem Ford Scorpio 2.0 unverzichtbar ist. Bis auf die erwähnten Defekte an Drehzahlmesser und Tankanzeige funktionierte im Innenraum tatsächlich alles. Jedes elektrische Helferlein tat seinen Dienst und jedes einzelne Birnchen strahlte oder blinkte vor sich hin. Richtig begeistert war ich von diesem Innenraum, ein Schnäppchen… Die einstige (und letzte) Oberklasse der Firma Ford – und jetzt gehörte sie mir, zum Preis eines gebrauchten Fahrrads! Die Ernüchterung kam, als ich den Wagen startete. Das in der Auktion beschriebene „klackernde“ Geräusch war grauenvoll. Laut, nervig und peinlich. Sollte das wirklich nur ein fehlendes „Gummidingsbumsirgendwas“ sein? Motorhaube auf und nachgeschaut. Der Motorraum präsentierte sich sauber und gepflegt. Das Geräusch war leider auch sehr „gepflegt“. Genauer gesagt waren es mehrere Geräusche. Keines kam aus der Gegend des Lüfters… U.a. war aber die Abdeckung des Zahnriemens lose und schepperte munter im Takt mit diesem gewissen anderen Geräusch. Der gesunder Menschenverstand sagte mir im Prinzip, dass da „mehr“ ist, dass dieser Motor dringend Hilfe braucht. Also Geld stecken lassen und gehen? Irgendwo in Köln, ohne Rückfahrkarte, mit Kurzkennzeichen und Kindersitz bepackt, den Junior dabei?
Aber dieser Innenraum, spürbar und sichtbar Rentergepflegt. Nur zwei Vorbesitzer, 120.000 km. Was soll dem Motor schon groß fehlen. Ein alter, großer Ford. Low-tech. Unzerstörbar. Also bezahlt und zur nächsten Tankstelle. Einem Reifen fehlte deutlich Luft, dem Tank fehlte natürlich Benzin und sofort wusste ich, was dem Motor offenbar am dringendsten fehlte: Öl! Der Messstab war trocken und er blieb es beim Nachfüllen auch – bis ich genau 4,5 Liter eingefüllt hatte! Nach diesem „Fast-Ölwechsel“ ging es also auf die Autobahn, Richtung Heimat. Tolles Fahrgefühl, Platz ohne Ende, komfortable Federung, tolle Sitze, kein Klappern, kein Knarzen – ein Mini-Straßenkreuzer. Das Leben ist schön und „das Geräusch“ ab 80 km/h verschwunden. Die Heimfahrt war problemlos. Wohl doch noch nur ein „Gummidingsbumsirgendwas“ im Motorraum. Am nächsten Tag ging es zu einem Bekannten, der den unschätzbaren Vorteil hat, daß er KFZ-Mechaniker ist und eine eigene Werkstatt besitzt. („Sag jetzt bitte nicht, Du hast einen Ford Scorpio… nein das hast Du nicht… oh Gott er hat…gehört das Motorgeräusch dazu oder hast Du das extra gekauft… ich ruf Dich an“)
Anruf am nächsten Tag: „Also, dass das Auto außen so schlecht ist, wie innen sensationell gut, weißt Du ja schon selbst. (Beide Schweller durch, mehrere Löcher im Unterboden, Radläufe hinten zerbröseln bei näherer Betrachtung, Unfallschaden vorne links etc, etc.) Soweit so gut, der Motor hat einen kapitalen Schaden: Die Nockenwelle ist total hin. Kann man machen, aber wenn das Ding erst mal auf ist, wird es vermutlich richtig grausam, Kopfdichtung, Zahnriemen überfällig, Wasserpumpe am Ende etc.“ (Aufgrund des nachfühlbaren, leichten Schwindelgefühls, das mich während des Telefonats überkam, weiß ich leider nicht mehr alle noch aufgezählten Schäden am und um den Motor im Detail.) „Übrigens, willst du so ca. 800,- Euro in den Motor investieren? Wenn Du die investierst, solltest Du den Scorpio dann aber auch ne Weile behalten. Neuer TÜV kostet dann nächstes Jahr bestimmt nicht mehr als 600,-, naja evtl. 800,-, vielleicht auch 1.000,- Euro, wenn es ein bißchen schön werden soll, und wir genug lohnenswerte Schweißpunkte finden, um alles wieder zusammen zu braten…“
Tja… ich wollte nicht investieren, ich war für eine schnelle Trennung, bevor ich mich zu sehr an den sensationellen Innenraum gewöhnt hatte… Der Scorpio ist inzwischen übrigens schon ein handlicher Klumpen, für den ich immerhin noch 100,- Euro bekommen habe….
Nur gut, dass es Christian Thanner nicht mehr erleben musste… “Hoooorst, was hast Du mit meinem Auto gemacht?“
Ford Scorpio
Thanners Dienstwagen
Ja, es gibt auch andere nette Fahrzeuge, es sind halt keine CXe…
Ford Scorpio
Der Innenraum hat was, sagt Jens
…und Horst macht die Polster schmutzig.
Mehr über den Duisburger Tatort-Kommissar findet man übrigens unter: www.horstschimanski.info